by Marcus Vogeler | 25.11.2024
In einem Urteil aus dem Sommer letztes Jahr wies das Saarländische Oberlandesgericht die Berufung des Klägers, der im Namen seiner Ehefrau Schadensersatzforderungen gegen die Beklagten erhoben hatte, zurück. Der Fall betraf zwei Bandscheibenoperationen, die im Herbst 2015 in einer Klinik durchgeführt wurden. Der Kläger machte geltend, dass diese Operationen ohne ordnungsgemäße Aufklärung über die Risiken durchgeführt wurden, dass dabei Behandlungsfehler unterlaufen seien und die Operation durch einen falschen Operateur erfolgt sei.
Der Kläger kritisierte dabei unter anderem die Gutachten des Sachverständigen als unzureichend und forderte, dass ein neues Gutachten eines anderen Sachverständigen eingeholt werden solle. Das Gericht wies die Berufung des Klägers jedoch zurück. Die Beweisführung stützte sich auf die Überzeugungskraft der Gutachten des Sachverständigen, die von der Vorinstanz als schlüssig erachtet wurden. Außerdem wurde der Beweiswert der Behandlungsdokumentation der Beklagten nicht infrage gestellt.
Bei Abschluss eines totalen Krankenhausaufnahmevertrages steht zudem grundsätzlich dem Krankenhausträger das Recht zu, sich für die Behandlung seines gesamten Personals zu bedienen. Will der Patient, der keinen Arztzusatzvertrag geschlossen hat, seine Einwilligung dennoch auf einen bestimmten Operateur beschränken, muss er dies eindeutig zum Ausdruck bringen.
In der Urteilsbegründung wurde betont, dass keine ausreichenden Beweise für die vom Kläger behaupteten Behandlungsfehler vorliegen. Daher blieb das Urteil zugunsten der Beklagten bestehen und die Revision wurde nicht zugelassen. Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation und Aufklärung in medizinischen Behandlungsfällen und zeigt gleichzeitig die hohen Anforderungen an den Nachweis von Behandlungsfehlern in der Rechtsprechung.
by Marcus Vogeler | 25.11.2024
Der BGH hatte sich im Januar mit der Unterbringung einer Frau zu beschäftigen. Die Frau leidet unter einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie und lebt in einer psychiatrischen Einrichtung. Seit Juni 2023 besteht eine angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Es wurde zudem eine Berufsbetreuerin bestellt. Diese beantragte nun die Genehmigung der Unterbringung, die das zuständige AG erteilte. Gegen diese Entscheidung legte die Betroffene Einspruch ein, unterstützt durch ihre Verfahrenspflegerin.
Der BGH hob den Beschluss der 8. Zivilkammer des LG Dessau-Roßlau auf und verwies die Sache zur erneuten Prüfung zurück. Die Entscheidung basiert darauf, dass die Voraussetzungen für eine Genehmigung der Unterbringung zur Heilbehandlung (§ 1831 Abs. 1 Nr. 2 BGB) nicht erfüllt sind. Das LG hatte die Unterbringung zur Heilbehandlung für notwendig erachtet, um selbst- und fremdgefährdende Verhaltensweisen zu vermeiden. Die Betroffene zeigte jedoch keine Krankheitseinsicht und verweigerte etwa auch die Einnahme des für die Langzeittherapie vorgesehenen Medikaments Leponex.
Der BGH stellte nun in seinem Beschluss klar, dass eine Unterbringung zur Heilbehandlung nur genehmigungsfähig ist, wenn eine erfolgsversprechende Behandlung durchgeführt werden kann. Dies setzt voraus, dass entweder der natürliche Wille der Betroffenen die Behandlung deckt oder eine rechtlich zulässige Überwindung ihres entgegenstehenden Willens mittels ärztlicher Zwangsbehandlung möglich ist. Da die Betroffene jedoch die Einnahme des Medikaments verweigert und eine Zwangsbehandlung ausgeschlossen ist, fehlte es an einem erfolgsversprechenden Behandlungskonzepts.
Die Begründung reichte auch nicht für eine Unterbringung zur Gefahrenabwehr (§ 1831 Abs. 1 Nr. 1 BGB) aus – so der BGH. Es lagen keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte vor, dass die Betroffene ohne Unterbringung erheblichen gesundheitlichen Schaden erleiden würde.
Der BGH hat die Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LG zurückverwiesen, da weitere Feststellungen erforderlich sind. Eine ausführliche Begründung der Entscheidung wurde gem. § 74 Abs. 7 FamFG nicht gegeben, da diese nicht zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung beitragen würde.
by Marcus Vogeler | 25.11.2024
In einem relativ aktuellen Beschluss vom 28. März 2023 hat das Oberlandesgericht Naumburg eine wichtige Entscheidung zur Besorgnis der Befangenheit von Sachverständigen in Arzthaftungsfällen getroffen. Im vorliegenden Fall hatte der Kläger gegen die Beklagte wegen vermeintlicher Behandlungsfehler geklagt, die zur Verschlechterung des Gesundheitszustands der verstorbenen Ehefrau des Klägers geführt haben sollen.
Das Gericht stellte fest, dass der vom Gericht bestellte Sachverständige, Dipl. med. M. K., durch seine einseitige Festlegung auf den von der Beklagten geschilderten Ablauf eines Telefonats und die eigenmächtige Ausdehnung des Gutachtenauftrags die Grenzen des Beweisbeschlusses überschritten hat. Diese einseitige Würdigung des Sachverhalts erweckte den Eindruck, dass der Sachverständige bereits eine vorgefasste Meinung zu Lasten der Kläger hatte.
Die Entscheidung des OLG Naumburg hebt hervor, dass die Unparteilichkeit und Neutralität von Sachverständigen von zentraler Bedeutung für die Integrität des Verfahrens sind. Die Richter argumentierten, dass die einseitige Akzentuierung des Gutachtens und die eigenmächtige Ausdehnung des Auftrags die Besorgnis der Befangenheit begründen können. Dies ist besonders relevant für Mediziner, die als Sachverständige tätig sind, da sie sich der Notwendigkeit bewusst sein müssen, eine objektive und ausgewogene Sichtweise zu wahren, um das Vertrauen in ihre Gutachten nicht zu gefährden.
Für Mediziner bedeutet dies, dass sie bei der Erstellung von Gutachten besonders darauf achten sollten, alle relevanten Aspekte des Falles zu berücksichtigen und sich nicht einseitig auf die Argumentation einer Partei zu stützen. Eine unvoreingenommene Herangehensweise ist nicht nur für die Qualität des Gutachtens entscheidend, sondern auch für die rechtlichen Konsequenzen, die sich aus einer möglichen Ablehnung des Gutachtens ergeben können.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entscheidung des OLG Naumburg die Bedeutung der Unparteilichkeit von Sachverständigen im Medizinrecht unterstreicht. Es ist unerlässlich, dass alle Beteiligten die Anforderungen an die Sachverständigenrolle ernst nehmen, um die Fairness und Gerechtigkeit im Verfahren zu gewährleisten.
by Marcus Vogeler | 25.11.2024
In der aktuellen Rechtsprechung wird die Aufklärungspflicht von Behandelnden, insbesondere im Kontext alternativmedizinischer Verfahren, zunehmend schärfer bewertet. Ein kürzlich ergangenes Urteil des BGHs verdeutlicht die Anforderungen, die an die Aufklärung von Patienten gestellt werden, wenn diese von der etablierten Schulmedizin abweichen.
Das Landgericht hatte erstinstanzlich festgestellt, dass der Beklagte den Kläger nicht ordnungsgemäß über die durchgeführte Ausleitungstherapie aufgeklärt hat. Gemäß § 630h Abs. 1 BGB ist eine Grundaufklärung erforderlich, die dem Patienten einen zutreffenden Eindruck von der Schwere des Eingriffs und den damit verbundenen Belastungen vermittelt. Diese Grundaufklärung umfasst nicht nur die Risiken des Eingriffs, sondern auch die schwersten in Betracht kommenden Risiken, die spezifisch mit dem Eingriff verbunden sind.
Die Rechtsprechung hat klargestellt, dass die Grundaufklärung nicht als vollständige Risikoaufklärung zu verstehen ist. Vielmehr muss sie dem Patienten eine allgemeine Vorstellung vom Schweregrad des Eingriffs und den damit verbundenen Belastungen für seine Lebensführung vermitteln. Dies ist besonders relevant, wenn es sich um alternativmedizinische Verfahren handelt, die in der Schulmedizin nicht anerkannt sind.
Die strengen Anforderungen an die Aufklärungspflicht gelten insbesondere für Behandlungen, die als Außenseitermethoden klassifiziert werden. Diese Methoden weichen von den allgemein anerkannten Regeln der Schulmedizin ab und sind häufig nicht nur nicht von den Krankenkassen anerkannt, sondern werden auch kritisch beurteilt. Bei der Anwendung solcher Verfahren, wie der Ausleitungstherapie oder dem „Provokationstest“, ist es unerlässlich, dass der Behandelnde den Patienten unmissverständlich darüber informiert, dass er von der Standardbehandlung abweicht.
Der Behandelnde ist verpflichtet, die Gründe für die Wahl der alternativmedizinischen Methode darzulegen und die Vor- und Nachteile transparent zu machen. Dies schließt eine umfassende Erläuterung der Risiken und der Möglichkeit eines Misserfolgs ein. Der Patient muss darüber aufgeklärt werden, dass die geplante Behandlung nicht dem medizinischen Standard entspricht und dass die Wirksamkeit statistisch nicht belegt ist.
Die Rechtsprechung stellt hohe Anforderungen an die Aufklärungspflicht bei alternativmedizinischen Verfahren. Es bedarf des Bewusstseins der strengen Vorgaben, um das Selbstbestimmungsrecht der Patienten zu wahren und rechtlichen Konsequenzen vorzubeugen. Eine umfassende und transparente Aufklärung ist nicht nur eine rechtliche Verpflichtung, sondern auch ein zentraler Bestandteil der ärztlichen Ethik, des Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt und Patient und nicht zuletzt der juristischen Beurteilung medizinischen Handelns. Ihrer Dokumentation kommt deshalb stets eine herausragende Bedeutung zu.
In Anbetracht der zunehmenden Popularität alternativmedizinischer Ansätze ist es für Fachleute unerlässlich, sich mit den rechtlichen Rahmenbedingungen und den damit verbundenen Aufklärungspflichten vertraut zu machen, um sowohl die Patientenrechte zu schützen als auch rechtliche Risiken zu minimieren.
by Marcus Vogeler | 25.11.2024
Das LG Saarbrücken hatte die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen einen Angeschuldigten – hier: den Präsidenten der Ärztekammer Saarland unter anderem wegen versuchten Totschlags durch Unterlassen – aus Rechtsgründen abgelehnt. Die Anklage bezog sich auf die unterlassene Meldung von Tatsachen durch den Angeschuldigten, die das Ruhen oder Widerruf einer Approbation zur Folge haben könnten, da ein Arzt, Dr. H., aufgrund einer Suchterkrankung und daraus resultierenden Fehldiagnosen eine Gefahr für Patienten darstellte. Ob diese Entscheidung des LG Saarbrücken rechtmäßig war, hatte voriges Jahr das Saarländische OLG zu entscheiden.
Das LG hatte entschieden, dass keine rechtliche Verpflichtung des Angeschuldigten bestand, die Gefahren abzuwenden, die von Dr. H. ausgingen. Diese Pflicht habe sich weder aus § 3 Abs. 3 S. 2 des Saarländischen Heilberufekammergesetzes (SHKG) noch aus einer tatsächlichen Übernahme von Schutzpflichten zugunsten der Patienten ergeben. Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken und die Nebenklägerin legten sofortige Beschwerden gegen diese Entscheidung ein. Sie forderten die Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung. Die Generalstaatsanwaltschaft unterstützte die Beschwerden und beantragte die Eröffnung des Hauptverfahrens vor einer anderen Großen Strafkammer des LG.
Ein zentrales Element der Diskussion war die Interpretation von § 3 Abs. 3 SHKG, der eine Mitteilungspflicht der Ärztekammer an die Approbationsbehörde vorsieht. Das Gericht stellte fest, dass dieser Paragraph keinen individuellen Schutz der Patienten beabsichtigt, sondern eher eine Verpflichtung zur Informationsweitergabe im Rahmen der Aufgaben der Kammern und zuständigen Behörden darstellt.