Impfpflicht

gegen Masern

Mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit einer Impfpflicht musste sich zuletzt das Bundesverfassungsgericht auseinandersetzen. Wenngleich die Impfpflicht in letzter Zeit vor allem im Zusammenhang mit der Coronaimpfung im Gespräch war, fehlte es diesmal an jeglichem Corona-Zusammenhang. Stattdessen ging es um die Frage, ob eine faktische Impfpflicht gegen Masern verfassungswidrig ist.

Am 10.02.2020 wurde mit § 20 Abs. 8 Infektionsschutzgesetz die Verpflichtung zur Impfung gegen Masern für Personen, die in bestimmten Einrichtungen tätig sind oder betreut werden, eingeführt. Unter diese Einrichtungen fallen auch Kindertagesstätten. Ein Besuch ungeimpfter Kinder wurde durch diese Regelung faktisch ausgeschlossen, sodass ein faktischer Ausschluss der Ansprüche auf Betreuungsleistungen nach § 24 Abs. 2 SGB VIII vorliegt. Nun hatten ungeimpfter Kinder sowie ihre Eltern diese Regelung durch Verfassungsbeschwerde angegriffen und darauf verwiesen, dass die Impfpflicht einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit und ihr Erziehungsrecht als Eltern darstelle.

Das BVerfG kam zu einem anderen Ergebnis und entschied, dass die Impfpflicht gegen die Masern verfassungskonform ist. Damit wies das BVerfG die Verfassungsbeschwerden der ungeimpften Kinder und ihrer Eltern ab. Der Erste Senat des BVerfG erkannte an, dass die Impfpflicht sowohl das Grundrecht auf elterliche Sorge aus Art. 6 GG als auch das Recht der beschwerdeführenden Kinder auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG berührte. Eine Impfpflicht sei jedoch verfassungsrechtlich nicht gleich Impfpflicht. Vielmehr sei das Ziel, welches mit der Impfpflicht erreicht werden könne, entscheidend für die Beurteilung. Die Wirkung der Impfpflicht ist somit der Maßstab für die Frage, ob solche Eingriffe gerechtfertigt sind. Anders als bei der Coronaimpfung, die keine Erkrankung oder eine Ansteckung Dritter verhindert, verfügt die Masernimpfung über diese Möglichkeit: sie verhindert bereits die Infektion und/oder die Ansteckung Dritter. Somit sei nicht nur der Schutz der Menschen, die durch eine Infektion gefährdet seien, sondern auch ein Schutz der Gesundheit Dritter durch die Impfung gewährleistet. Dem Gesundheitsschutz kommt somit eine höhere Gewichtung zu als den durch die Regelung erfolgende Eingriffe in die Rechte der ungeimpften Kinder und ihrer Eltern. Soweit sich die Frage stellt, ob eine Impfung nicht dem Selbstschutz der Eltern unterstellt werden kann, muss dies vorliegend verneint werden. Eine Eigenverantwortung reicht vorliegend nicht aus. Eine Maserninfektion kann tödlich verlaufen und wenngleich die Impfung eine Ansteckung und Infektion verhindert, gibt es vulnerable Gruppen, die sich aus medizinischen Gründen nicht gegen Masern impfen lassen können. Diese gilt es zu schützen, da es diesen Personen nicht möglich ist, sich selbst gegen die Ansteckung mit Masern zu schützen.

Soweit die Impfpflicht bis zu diesem Punkt noch als juristisch relativ unproblematisch angesehen werden kann, ergab sich jedoch ein durchaus großes Rechtfertigungsproblem in der Regelung des § 20 Abs. 8 S. 3 IfSG. Eine Impfpflicht ist demnach auch dann anzunehmen, „wenn zur Erlangung von Impfschutz gegen Masern ausschließlich Kombinationsimpfstoffe zur Verfügung stehen, die auch Impfstoffkomponenten gegen andere Krankheiten enthalten“. Faktisch handelt es sich somit nicht nur um eine Masernimpfpflicht, sondern auch um eine Impfpflicht andere Impfstoffe umfassend. Das BVerfG führte hierzu aus, dass die Regelung bei verfassungskonformer Auslegung so zu verstehen sei, dass nur solche Kombinationsimpfstoffe erfasst seien, die bei Erlass des Gesetzes bekannt waren. Neue Kombinationsimpfstoffe sind somit nicht von der Impfpflicht erfasst. Ob die Billigung einer faktischen Impfpflicht gegen andere Infektionskrankheiten tatsächlich richtig ist, kann kaum beantwortet werden. Fakt ist, dass jeder zusätzliche Wirkstoff bei Kombinationspräparaten zusätzliche Risiken bedeutet. Es stellt sich somit die Frage, ob nicht vielmehr die Verpflichtung der Herstellung eines einzelnen Impfstoffes gegen Masern die konsequentere Lösung gewesen wäre.

BVerfG, Beschluss vom 21.07.2022 – 1 BvR 469/20

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