Die Erinnerungen an den Göttinger Organspendeskandal dürften mittlerweile bereits am Verblassen gewesen sein – die juristische Aufarbeitung dauert jedoch bis heute an. Das Landessozialgericht Niedersachsen Bremen in Celle musste sich nun mit der Frage auseinandersetzen, ob medizinisch notwendige Leistungen auch dann vergütet werden müssen, wenn falsche Daten an Eurotransplant weitergegeben wurden.
Streitgegenständlich war die Rückforderung der Vergütung der stationären Krankenhausbehandlung durch die Krankenkasse. Die angerufenen Gerichte hatten somit zu entscheiden, ob das Fehlverhalten des behandelnden Arztes, der gegen das Transplantationsgesetz verstoßen hatte, einem Anspruch auf Zahlung der medizinisch notwendigen Transplantationen entgegensteht. Das Sozialgericht Hildesheim hatte zunächst der Krankenkasse Recht gegeben. Das Landessozialgericht entschied nun anders. Die Transplantationen seien medizinisch notwendig gewesen und nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt worden. Dies begründe bereits die Zahlungspflicht der Krankenkassen, da diese durch Inanspruchnahme einer Leistung durch einen Versicherten bei Durchführung entsprechender Versorgung in einem Krankenhaus entstehe. Ein Verstoß eines Arztes gegen Regelungen des Transplantationsgesetzes führe im vorliegenden Fall zu keinem Wegfall des Vergütungsanspruchs. Dabei stützte das LSG sich auch auf den Telos des Transplantationsgesetzes: dieses solle die Organspenden, dessen Ablauf und die Verteilung regeln und organisieren. Eine medizinische Qualitätssicherung der Transplantationen sei jedoch nicht vom Gesetz erfasst.
Nun bleibt es abzuwarten, ob sich auch das Bundessozialgericht mit dieser Frage befassen muss oder ob tatsächlich mit dem Urteil des LSG bereits die Antwort gefunden wurde.
LSG Niedersachsen, Urt. v. 18.01.2022 – L 16/4 KR 506/19.