Weiterführung des Beitrags Schlangengiftpräparats

Reformbedarf des Rechts für Heilpraktiker

Thematisch an den Beitrag „Schlangengift als alternative Behandlungsmethode zur Chemo in der letzten Ausgabe des Newsletters anschließend sollen nunmehr die bestehende Rechtsunsicherheit und deren Gefahren sowie der Reformbedarf des Rechts für Heilpraktiker beleuchtet werden.

In dem zugrunde gelegten Urteil vom OLG München wurde deutlich, dass nicht die heilpraktische Behandlung zu den medizinischen Problemen und Komplikationen führte, sondern vielmehr der Verzicht auf eine fachärztliche Behandlung. Als Erinnerung: Das OLG München hatte die Pflichtverletzung der Heilpraktikerin nicht in der Behandlung mittels eines Schlangengiftpräparats gesehen, sondern vielmehr darin, dass diese dem Abbruch der Strahlentherapie nicht widersprochen hatte.

Auch wenn diese Fallkonstellation keinen Einzelfall darstellt, so verbietet sich eine dahingehende Verallgemeinerung, dass die Gefahr nicht von der heilpraktischen Behandlung ausgeht, sondern von dem Verzicht auf die fachärztliche Behandlung. In einem anders gelagerten Fall stellte sich die Problematik nämlich gänzlich anders dar:

Im Nordrhein-westfälischen Brüggen war ein Heilpraktiker im Rahmen einer Krebstherapie in einem „Biologischen Krebszentrum“ tätig. Hier verabreichte er Patienten die nicht zugelassene Substanz 3-Bromopyruvat. Drei der Patienten verstarben im Zuge der Behandlung. Der Heilpraktiker wurde verurteilt, ein Berufsverbot wurde jedoch bis heute nicht ausgesprochen. Der Gesetzgeber hat auf diesen Fall insofern reagiert, als dass eine Änderung von § 13 AMG erfolgte. Nunmehr bedarf es einer Erlaubnispflicht zur Herstellung verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch Nicht-Ärzte. Wenngleich der Gesetzgeber somit auf den damaligen Fall reagiert hat, berufsrechtliche Konsequenzen in Bezug auf die Ausübung des Berufs des Heilpraktikers erfolgten nicht.

Bei Betrachtung des Heilpraktikergesetzes geht der Blick weit zurück. Es trat 1939 in Kraft und schon der formelle Gesetzestitel lässt die Staubschicht erahnen, die sich immer deutlicher über das Gesetz zieht: „Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung“. Doch nicht nur die Sprache ist heutzutage ungebräuchlich und veraltet, auch inhaltlich kann das Heilpraktikergesetz den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht werden. Nimmt man etwa den Begriff der Heilkunde genauer unter die Lupe, der im Gesetz verwendet wird, fällt schnell auf, dass dieser unzureichend ist. Nach § 1 Abs. 2 HeilprG gilt als Ausübung der Heilkunde „jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen“. Blickt man nun im Vergleich auf die Medizin der heutigen Zeit und was davon erfasst ist, wird klar, dass dieser Heilkundebegriff nur ein unvollständiges Bild der Heilkunde bzw. Medizin umfasst. Gerade die Prävention, die aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenken ist, fehlt im Heilkundebegriff völlig. Fehlen tut es auch an einer vorgeschriebenen notwendigen Wirksamkeit des Heilmittels: würde man dies auf die Spitze treiben, wäre jede Tätigkeit zum Zwecke der Heilung unabhängig von dessen Geeignetheit eine erlaubnispflichtige Heilkunde. So konnte das auch das Bundesverfassungsgericht nicht stehen lassen und legte den Begriff restriktiv aus. Entscheidend war danach, ob für die Tätigkeit ärztliche Fachkenntnisse erforderlich waren und von dieser Gefahren für die Gesundheit ausgehen können (vgl. Beschluss vom 02.03.2004 – 1 BvR 784/03).

Was jedoch wieder unterblieb, war eine Reform des Heilpraktikergesetzes. Dabei ist diesem eine Relevanz keinesfalls abzuschreiben. Allein in Deutschland sind ca. 47.000 Heilpraktiker tätig. Von einem Gesetz, das in jeder Hinsicht veraltet ist, können somit durchaus großer Schaden und Gefahren ausgehen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat 2020 Professor Dr. Christof Stock mit einer Begutachtung des Heilpraktikerrechts betraut. Die Liste der Mängel und Probleme war lang und mündete in der Schlussfolgerung, dass das Heilpraktikergesetz als inhaltslose Hülle am besten vollständig aufgehoben werden sollte und der Heilpraktikerberuf in der heutigen Version gleich mit. Stattdessen solle eine staatliche Ausbildung und Prüfung auf die verschiedenen Gebiete der Medizin und Heilkunde bezogen dem Schutz der Gesundheit dienen und die momentan bestehende fehlende Kontrolle der Kompetenz der Heilpraktiker ersetzen.

Wenngleich das BMG somit einen ersten Schritt hin zur Reformierung des Heilpraktikerrechts gewagt hat, ist der Stein dadurch mitnichten ins Rollen gekommen. Die Politik scheint sich nicht festlegen wollen – weder über die nächsten Schritte noch über die Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit den Ländern. Hier wartet nämlich ein ganz anderes juristisches Problem: auch wenn dem Bundesgesetzgeber die Kompetenz zukommt, Regelungen des Berufszulassungsrechts zu erlassen, so liegt die Kompetenz zur Regelung des Berufsausübungsrechts der Heilberufe den Ländern zu. Es hängt somit auch von deren Mitarbeit ab, ob und wann eine Reformierung des Heilpraktikerrechts erfolgt.

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