OLG München, Urt. v. 25.03.2021 – 1 U 1831/18
Ausgangslage in diesem dramatischen Fall war die Gebärmutterhalskrebserkrankung einer jungen Frau. Dank der Möglichkeit von Chemo- und Strahlentherapie bestand eine Heilungschance, doch die junge Frau entscheidet sich für den Abbruch dieser Therapien und begab sich in Behandlung einer Heilpraktikerin, von der sie Schlangengift-Präparate erhält. Die Einnahme führte jedoch zu keiner Verbesserung des Zustandes der jungen Patientin, sodass diese stirbt. Sie hinterlässt ihren Sohn. Das OLG München hat die Heilpraktikerin nun zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 Euro an den Sohn verurteilt und führte dazu aus: „Die Beklagte ist bei der Behandlung von dem als Heilpraktikerin geschuldeten Standard abgewichen und hat dadurch den Tod der Mutter des Klägers verursacht“. Vorangegangen war ein Urteil des LG Passau, das zunächst die Forderungen zurückgewiesen hatte (Urt. v. 26.04.2018 – 1 O 781/16), welches nunmehr durch das Urteil des OLGs aufgehoben wurde. Im Rahmen des Urteils stützt sich der Senat auf das Patientenrechtegesetz, das seiner Auffassung nach auch für Heilpraktiker gilt. Demnach entlastet die fachliche Einschätzung eines Arztes den Heilpraktiker nicht davon, die behandelte Person darüber in Kenntnis zu setzen, dass seine Behandlungsmethode keinen adäquaten Ersatz für die Schulmedizin darstellt. Das OLG München sieht jedoch die alleinige Schuld nicht bei der Heilpraktikerin, sondern geht von einer Mitschuld der Krebspatientin aus, weil diese sich freiwillig für den Abbruch der möglicherweise lebensrettenden Therapie entschieden hatte. Das Vertrauen und überlegene Fachwissen der Heilpraktikerin waren jedoch im Rahmen der Urteilsfindung zu berücksichtigen, sodass das Mitverschulden nicht ausreichte, um eine Haftung der Heilpraktikerin gänzlich abzulehnen. Ein zusätzlich eingeleitetes strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen die Heilpraktikerin wegen fahrlässiger Tötung wurde von der Staatsanwaltschaft Passau eingestellt.